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Rathaus Bochum
Am 14. September 2025 wird in Bochum ein neuer Stadtrat gewählt. Nach 25 Jahren rot-grüner Kooperation ist offen, welche Bündnisse künftig Mehrheiten finden. Ein Blick auf die Wahlprogramme zeigt deutliche Unterschiede – und die Frage, welche Konzepte im finanziell angeschlagenen Bochum überhaupt realistisch sind.
SPD: Zwischen sozialer Politik und Finanzlücke
Die SPD Bochum setzt auf klassische Themen wie bezahlbare Wohnungen, bessere Schulen und Kitas sowie Klimaschutz in städtischen Projekten. Realistisch sind viele Forderungen, da sie direkt in die kommunale Zuständigkeit fallen. Gleichzeitig bleibt die Finanzierung angesichts eines Defizits von rund 180 Millionen Euro offen. Hier droht das Programm zwischen Anspruch und Realität zu scheitern.
CDU: Ordnung, Sicherheit, Innenstadt
Die CDU Bochum legt den Fokus auf Sicherheit, Sauberkeit und die Stärkung der Innenstadt. Forderungen wie mehr Polizei-Präsenz oder konsequenteres Vorgehen gegen Müll sind kommunal umsetzbar. Allerdings bleiben auch hier Kostenfragen ungeklärt. Dass die CDU eigene wirtschaftliche Akzente schwach ausprägt, macht das Programm weniger greifbar als das der SPD oder FDP.
Grüne: Klimaschutz als Leitbild
Die Grünen Bochum treten mit klaren ökologischen Zielen an: autofreie Innenstadt, flächendeckend Tempo 30, massiver Ausbau des ÖPNV. Politisch klar, aber in Bochum nur schwer kurzfristig durchsetzbar. Die Verkehrswende stößt auf Widerstände, und Finanzmittel sind knapp. Realistisch erscheint nur eine schrittweise Umsetzung – vieles wirkt eher visionär.
Die Linke: Zwischen Realität und Wunschdenken alles dabei
Das Programm ist in der Grundidee realistisch, weil es an soziale Probleme und steigende Mieten in Bochum anknüpft. Unrealistisch sind aber viele teure Projekte (365-Euro-Ticket, beitragsfreie Kitas, zusätzliche Jobs), da Bochum mit einem Defizit von rund 180 Millionen Euro finanziell kaum handlungsfähig ist. Insgesamt wirkt das Programm mehr wie eine soziale Wunschliste als ein finanziell gedecktes Konzept. Realistisch sind kleinere Maßnahmen bei Wohnen, Kultur und Sozialarbeit.
FDP: Liberale Programmatik ohne Zahlen
Die FDP will Bürokratie abbauen, Bochum zur Gründerstadt machen und die Verwaltung digitalisieren. Diese Forderungen sind grundsätzlich realistisch, da Bochum im E-Government tatsächlich Nachholbedarf hat. Doch ohne konkrete Spar- oder Investitionszahlen bleiben viele Punkte Absichtserklärungen. Realistisch ist der Fokus, unklar bleibt die Machbarkeit.
AfD: Symbolpolitik statt Kommunalpolitik
Die AfD Bochum setzt auf restriktive Migrationspolitik, Abschaffung von Kulturprojekten und eine autofreundliche Stadt. Viele Forderungen – etwa schnellere Abschiebungen oder Einschränkungen bei Integrationsmaßnahmen – liegen außerhalb kommunaler Zuständigkeit. Realistisch umsetzbar wären lediglich Parkgebühren oder Kulturkürzungen, die aber den Haushalt belasten könnten. Die Attraktivität der Stadt würde langfristig unter der Politik der rechtskonservativen Partei leiden. Das Programm wirkt vor allem als Signalwahlkampf.
UWG: Pragmatismus ohne Finanzplan
Die UWG: Freie Bürger treten mit einem 12-Punkte-Programm an. Bürgernähe, mehr Sicherheit durch Beleuchtung, Sanierung von Schulen und Sportstätten – das alles ist konkret auf Bochum zugeschnitten. Doch auch hier fehlen klare Finanzierungsvorschläge. Die Ablehnung von Großprojekten wie dem „Haus des Wissens“ ist realistisch, weil Einsparungen sofort greifbar wären.
STADTGESTALTER: Bedingungen statt Versprechen
Die STADTGESTALTER gehen ungewöhnlich in den Wahlkampf: Sie knüpfen Koalitionen an Bedingungen wie neuen Politikstil, Finanzkonzept und Bürgerbeteiligung. Diese Strategie ist eher unrealistisch, weil sie offenlegt, dass eigene Mehrheiten auch aufgrund ständiger politischer Angriffe kaum erreichbar sind. Das Programm wirkt visionär, bleibt aber abhängig von Partnern und einem Geldsegen für die Stadt.
Fazit: Realismus trifft auf Wunschdenken
Im Bochumer Wahlkampf 2025 zeigt sich ein Spannungsfeld: SPD, CDU, FDP und UWG bewegen sich in Bereichen, die kommunal realistisch sind – bleiben aber Antworten auf die Finanzierung schuldig. Die Grünen setzen auf Klimapolitik, die in Teilen ambitioniert wirkt. AfD, Stadtgestalter und Parinejad setzen auf starke Symbole und Visionen, die in vielen Fällen nicht im Kompetenzbereich der Stadt liegen.
Das Rennen wird nicht nur inhaltlich entschieden, sondern auch durch die Frage, welche Partei ihre Forderungen mit den knappen Mitteln der Stadt verbinden kann. Denn am Ende gilt: Wer Bochum regieren will, muss nicht nur Ideen haben – sondern auch einen belastbaren Finanzplan.
