Beitrag: Oberbürgermeisterwahl Teil 6: Wie das Brauchtum fortgesetzt werden soll
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Alle Bilder (c) Sebastian Sendlak

Brauchtum und Digitalisierung sind wichtig. Da sind sich die Kandidaten beim Rennen um das Rathaus einig. Allerdings haben sie unterschiedliche Visionen, wie sie diese Themen angehen wollen.

Brauchtum ist ein wichtiger Faktor in der Gesellschaft. Dabei gibt es für die Vereine, die das im Ehrenamt stemmen, immer mehr Hürden zu überwinden. Ebenfalls ist das Thema Digitalisierung ein wichtiger Punkt, den es nicht zu vergessen gilt. Dazu haben Jörg Lukat (gemeinsamer Kandidat von SPD und Grüne) und Dr. Andreas Bracke (CDU) im Deutschen Bergbaumuseum Stellung bezogen. Susanne Schneider (FDP), Nadja Zein-Draeger (gemeinsame Kandidatin von Volt/Die Stadtgestalter), sowie die parteilosen Kandidaten Sahver Münch und Pardis Parinejad haben ihre Standpunkte in schriftlicher Form mitgeteilt.

Anmerkung dieser Redaktion: Lena Maria Christina Bormann (Die Partei) und Wiebke Köllner (Die Linke) sind ebenfalls angefragt worden. Bis zum genannten Redaktionsschluss hat von diesen Kandidaten keine Antwort vorgelegen. Lens Lücking (UWG: Freie Wähler) reichte die Antworten erst am 9. August ein. 

Teil 1: Oberbürgermeisterwahl 2025: So sehen die Kandidaten den Arbeitsmarkt und Wirtschaft

Teil2: Oberbürgermeisterwahl 2025: Leerstand vermeiden und bezahlbaren Wohnraum ermöglichen

Teil 3: Oberbürgermeisterwahl 2025: Etwas gegen den Klimawandel tun

Teil 4: Oberbürgermeisterwahl 2025: Kinderarmut und Integration dürfen nicht vergessen werden

Teil 5: Oberbürgermeisterwahl 2025: Sicherheit und Zusammenhalt sind wichtig

 

In den aktuellen Zeiten ist das Thema „Sicherheit“ für Veranstalter und Organisatoren von Festen wie dem Maiabendfest, Karneval oder dem Weihnachtsmarkt ein großes Thema. Wie kann die Stadt dabei unterstützen, damit solche kulturellen Brauchtumsfeste für alle Beteiligten handelbar und in geeignetem Kostenrahmen durchführbar bleiben?

Jörg Lukat (SPD/Grüne): Wir stellen schon fest, dass ehrenamtliches Engagement sich verlagert hat über die Jahre. Wenn ich mit den Vereinen rede, mit der DLRG, mit der Freiwilligen Feuerwehr, mit Kirchen, im allen Frühjahr haben Leute ihr Leben lang dort in der Freiwilligen Feuerwehr sich engagiert, erst mal ohne einen persönlichen Vorteil davon zu haben. Heutzutage ist es so, dass sich vielfach ehrenamtliches Engagement fokussiert in Bürgerinitiativen, wo man gegen etwas ist, wo man natürlich auch eine tolle Arbeit leistet.
Auch das ist eine sehr wichtige Arbeit, die unterstützen wir. Wir sind auch im Dialog mit den entsprechenden Bürgerinitiativen. Aber da geht es halt am Ende um ein Sachthema.
Und wenn das Thema erledigt ist, dann zerfällt das häufig. Ich glaube, dieses uneigennützige Ehrenengagement, was man vorher hatte, das ist ganz, ganz wichtig für den Zusammenhalt in der Stadt und das muss man fördern. Wir haben das teilweise auch in meiner bezirklichen Arbeit gemacht, indem man den Karnevalszug, den Bühnenwagen gespondert hat als Stadt Bochum.
Da gibt es ganz, ganz viele Möglichkeiten. Wichtig ist natürlich auch, dass man Rahmenbedingungen schafft, die es den Vereinen ermöglichen, das vernünftig über die Bühne zu bringen. Da geht es natürlich darum, wenn ich am Ende jetzt hier das Gesundheitsamt mit einbinden muss, wenn ich eine Waffe verteile oder so.
Man kann es auch von den entsprechenden Auflagen so kompliziert gestalten, dass am Ende gar keiner mehr Lust hat, irgendetwas zu machen. Man muss sich natürlich auch da an die entsprechenden Vorgaben halten. Aber ich würde schon mehr wünschen, dass seitens der Stadt so ein bisschen eine Art Coaching ist, dass man den Leuten Wege aufzeigt, zu ihrer entsprechenden Bewilligung, Beantragung zu kommen und die Leute nicht allein lässt.
Also da wäre ganz, ganz wichtig, dass man so entsprechende Scouts hat, die den Vereinen dann zur Seite stehen und sie da entsprechend durch diesen Prozess führen, damit das möglichst schlank über die Bühne gebracht werden kann.

Dr. Andreas Backe (CDU): Der Brauchtum und Erinnerungskultur sind aus meiner Sicht ganz wesentliche Aspekte einer Stadtgeschichte, die auch fortgelegt werden muss. Denn man muss immer schauen, worauf gründet man. Und das sind viele Ideen, gerade eben ist auch der Bergbau angesprochen worden, mit einer bestimmten Wertehaltung, mit einer Tradition auch.
Und die Frage auch, wie ist man unter Tage auch vielsprachig trotzdem klargekommen. Und ich glaube, das ist etwas, was man deutlich auch den zukünftigen Generationen mitgeben muss. Und von daher kann es nur ein Ziel sein oder muss es ein Ziel sein, gerade auch diese Brauchtumsveranstaltung oder diese Erinnerungskultur deutlich zu beleben und zu unterstützen, wo es möglich ist.
Und gerade auch diese Dinge, die nach außen gerichtet einen Anzug in Richtung Bochum auch generieren, wie zum Beispiel auch Bochum Total. Das ist etwas, wo man auch schauen muss, wie kriegen wir bestmögliche Sicherungsmöglichkeiten hin für die Menschen, die sich einem solchen Event einfach mal stellen wollen. Eines ist immer klar, das wurde auch immer wieder gesagt, es gibt keine hundertprozentige Sicherheit.
Aber wir müssen schauen, wie wir bestmögliche Sicherungsmöglichkeiten hinbekommen. Das kann man nur im Gegeneinander oder im Miteinander auch und im Ringen dann auch zwischen dem Veranstalter, zwischen den Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben und denjenigen, die nachher die Genehmigung machen, das ist dann die Stadt. Aber ich will kein Verhinderer sein.
Ich möchte ein Ermöglicher sein, weil das ist aus meiner Sicht etwas, was auch diese Stadt nach außen als liebens- und lebenswerte Stadt, ich bringe es immer wieder, dann dastehen lässt.

Susanne Schneider (FDP): Die Stadt Bochum muss Partner und Ermöglicher sein, anstatt weitere Hürden auf dem Weg zur Durchführung von genannten Festen aufzubauen. Mit klar strukturierten Genehmigungsverfahren, Unterstützung bei Sicherheitskonzepten und Zugang zu städtischer Infrastruktur möchte ich Veranstalter entlasten. Ziel ist es, die Durchführung kultureller Veranstaltungen für alle Beteiligten kalkulierbar und machbar zu halten.

Nadja Zein-Draeger (Volt/Die Stadtgestalter): Eine lebendige Kulturszene ist Standortvorteil und Wirtschaftsfaktor. Ich  setze mich  für den Erhalt und die Weiterentwicklung der Clubszene und kreativer Formate ein.

  • Für nicht-kommerzielle Veranstaltungen z.B. von Bochumer Vereinen werde ich die für das Abspielen von Musik anfallende GEMA-Gebühr durch die Stadt übernehmen, um zusätzliche Entladungen zu schaffen.
  • Die Clubszene wird als Teil der freien Kulturszene anerkannt. Fördermodelle werden geprüft.
  • Die Vergnügungssteuer auf Tanzveranstaltungen bleibt abgeschafft, um den wirtschaftlichen Druck zu verringern.
  • Ein*e Nachtbürgermeister*in soll die Clubkultur stärken und zwischen Szene, Verwaltung und Anwohnenden vermitteln.
  • Räumlichkeiten von Clubs werden für tagsüber nutzbare Kultur- und Sozialformate geöffnet, in Kooperation mit dem Quartiersmanagement und der lokalen Wirtschaftsförderung.
  • Kleinkunst im öffentlichen Raum wird gezielt gefördert, um die Innenstadt kulturell vielfältiger und belebter zu gestalten.
  • Das städtische Kulturbüro und Bochum Marketing sollen ein Kleinkunst-Konzept entwickeln, das die Innenstadt und Stadtteilzentren einbezieht. Ein jährliches Kleinkunstfestival in den Fußgängerzonen wird angeregt.
  • Ticketpreise für städtische Institutionen der Hochkultur wie die Bochumer Symphoniker werden marktgerecht erhöht, Preisrabatte sozial benachteiligter Gruppen bleiben bestehen.
  • Institutionen wie das Schauspielhaus oder das Kunstmuseum sollen regelmäßig im Stadtraum präsent sein, für kulturelle Sichtbarkeit im öffentlichen Raum – z. B. auf der KAP-Bühne mit den Bochumer Symphonikern. Dieses Modell soll auf weitere städtische Kultureinrichtungen ausgeweitet werden.

Jens Lücking (UWG): Das Maiabendfest ist wichtiger Bestandteil der Bochumer Kultur und muss erhalten bleiben. Die Kosten für die Sicherheit sind bei allen Veranstaltungen stark gestiegen. Daher müssen diese auch zum Großteil von der Stadt übernommen werden, da die Veranstaltungen für unsere Bevölkerung wichtig sind.

Sahver Münch (parteilos): Das Erstellen von Sicherheitskonzepten durch alle Beteiligten, um alle Aspekte zu berücksichtigen, sind ein wichtiger Schritt. Die Stadt kann die Veranstalter und Organisatoren logistisch und personell unterstützen. Die Stadt sollte auch die Gebühren moderat halten. Kultur ist für uns alle. Sie sollte sicher und bezahlbar bleiben. Ich fände von Bürgerinnen und Bürgern initiierte Ereignisse, wie das Stillleben auf der A 40, super. Es muss nicht gleich die A 40 sein, aber vielleicht mal an zentralen Orten oder in verschiedenen Quartieren.

Pardis Parinejad (parteilos): Die Stadt soll Veranstalter durch Sicherheitskonzepte, Beratung und ggf. finanzielle Zuschüsse unterstützen, damit Feste wie Maiabendfest, Karneval oder Weihnachtsmarkt sicher und bezahlbar bleiben.

Wie wollen Sie Bürgerbeteiligung über klassische Wege hinaus fördern – auch digital und niedrigschwellig?

Susanne Schneider (FDP): Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern muss den Service für Bürgerinnen und Bürger verbessern und Prozesse in der Verwaltung beschleunigen. Im Bereich der Verwaltung fordere ich daher eine vollständige Digitalisierung von Anträgen, Bezahlprozessen und Kommunikation. Die Stadtverwaltung muss zum digitalen Dienstleister werden – mit der zentralen Bochum-App, einem persönlichen Bürgerkonto, automatisierter Terminvergabe und KI-gestützter Sachbearbeitung. Bochum soll eine funktionierende Smart City mit offenen Daten, digitalem Haushaltsplan und modernen Arbeitsformen werden.
Nadja Zein-Draeger (Volt/Die Stadtgestalter): Ich setze mich seit 2017 aufgrund persönlicher Erfahrungen für ein fest implementiertes Beteiligungssystem für Bochum ein. Das ist tatsächlich ein Grund, weshalb ich mich nach einigen Jahren Pause nun wieder politisch engagiere.
Zum Beteiligungssystem gehören …
  • Leitlinien, die beschreiben, wie das Beteiligungssystem funktioniert. Bei der Erstellung der Leitlinien werden die  Bürgerinnen und Bürgern beteiligt.
  • eine interaktive Vorhabenliste über Projekte der Stadtentwicklung in der Planungsphase mit der Möglichkeit zur Abgabe von Feedback. Wer diese Informationen lieber auf Papier haben möchte, kann die Vorhabenliste als Broschüre abonnieren. Eine persönliche  Feedbackabgabe in den Quartieren wird ermöglicht.
  • eine transparente Auswertung des Feedbacks der Bürgerinnen und Bürger.
  • einen Bürgerschaftsrat, der die Einhaltung der Leitlinien überwacht und diese kontinuierlich optimiert.
Das Beteiligungssystem wird immer dann angewendet, wenn Planungen für die Stadt Bochum anstehen – gleich, ob es um Bauen, Bildung, Spielplätze, Verkehrsplanung, Kultur, Sport u.v.m. geht.
Sollte sich aus einem Beteiligungsprozess eine große Ablehnung bei der Bürgerschaft abzeichnen, wird diese Haltung verifiziert und nach Bestätigung von Stadtverwaltung und Politik auch akzeptiert.
Jens Lücking (UWG): Bürgerbeteiligung ist mir sehr wichtig, weil dann die Akzeptanz von Maßnahmen größer ist. Diese muss aber echt sein und vor der Maßnahme stattfinden. Auch die Meinungen der Bezirksvertretungen verdienen mehr Gewicht, weil hier vor Ort näher am Bürger entschieden wird.
Sahver Münch (parteilos): Um uns in unserer Stadt wohl zu fühlen, müssen wir mitmachen und nicht nur zuschauen oder kritisieren. „Schließlich geht uns Bochum alle an!“ Bürgerbeteiligung muss unkompliziert und niederschwellig erfolgen. Das kann durch Sprechstunden, digitalen Rückmeldemöglichkeiten oder in Form von Mitmachformaten geschehen. Menschen, die in Bochum wohnen, müssen gehört werden und die Möglichkeit haben, sich an Entscheidungen zu beteiligen. Wohlfarth und Ehrenamt- auch gegen Einsamkeit bei jung und alt.
Pardis Parinejad (parteilos): Digitale Plattformen, Bürgerräte und niedrigschwellige Beteiligungsformate sollen eingeführt werden, um mehr Menschen in Entscheidungsprozesse einzubeziehen.

Was bedeutet für Sie digitale Verwaltung – und wie machen Sie Bochum zu einer funktionierenden ‚Smart City‘?

Susanne Schneider (FDP): Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern muss den Service für Bürgerinnen und Bürger verbessern und Prozesse in der Verwaltung beschleunigen. Im Bereich der Verwaltung fordere ich daher eine vollständige Digitalisierung von Anträgen, Bezahlprozessen und Kommunikation. Die Stadtverwaltung muss zum digitalen Dienstleister werden – mit der zentralen Bochum-App, einem persönlichen Bürgerkonto, automatisierter Terminvergabe und KI-gestützter Sachbearbeitung. Bochum soll eine funktionierende Smart City mit offenen Daten, digitalem Haushaltsplan und modernen Arbeitsformen werden.

Nadja Zein-Draeger (Volt/Die Stadtgestalter):

Eine effiziente und digitale Verwaltung ist nicht nur für die Bürgerinnen und Bürger ein Gewinn, sondern auch für die Bochumer Unternehmen. Außerdem werden durch Digitalisierung und Effizienzsteigerung Verwaltungskosten gesenkt.
Meine beruflichen Erfahrungen als Unternehmensberaterin ermöglichen es mir, einen Verwaltungswandel zusammen mit den Mitarbeitenden mit folgenden Schritten  für die einzelnen Verwaltungsprozesse vorantreiben
  1. Ablaufbeschreibung des bisherigen Prozess
  2. Ermittlung von rechtlichen Vorgaben, Zielen und zu erfüllende Standards
  3. Identifizierung von Optimierungspotential für Prozessbeschleunigung und Fehlervermeidung
  4. Ermittlung von Digitalisierungspotential
  5. Festlegung des optimierten Prozess
  6. Erprobung und Nachbesserung
  7. Prozessumstellung
Dieser Prozess ist nicht einmalig: die Stadtverwaltung muss sich ständig weiterentwickeln, um flexibel, effizient und bürgernah zu bleiben. Deshalb sind die Schritte 2 bis 7 in angemessenen Zeitabständen zu wiederholen.
Jens Lücking (UWG): Die Digitisierung schreitet voran und ist wichtig, um schneller und effizienter zu werden. Aber Menschen, die nicht über die notwendigen Kenntnisse verfügen, müssen immer noch die Möglichkeit haben, am Leben teilzunehmen. Daher muss es auch immer noch klassische Möglichkeiten der Teilhabe geben.
Sahver Münch (parteilos): Digitale Verwaltung bedeutet für mich in erster Linie Arbeitserleichterung. Auch für die Bürgerinnen und Bürger von Bochum: einfache und unkomplizierte Anwendung, kurze Wege und schneller Service. Eine Smart City heißt für mich: Bochum wird noch klüger, sozialer und nachhaltiger. Weil wir Technik einsetzen, die unseren Alltag erleichtert, Teilhabe sichert und unsere Umwelt schützt. Smart City muss die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen. Nicht von oben herab, sondern mit den Menschen für die Menschen.
Pardis Parinejad (parteilos): Durch Digitalisierung und KI können Verwaltungsprozesse beschleunigt werden. Ziel ist eine funktionierende
Smart City mit effizienter Servicebereitstellung für Bürgerinnen und Bürger.

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