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Polizei-Aufgebot vor einem Heimspiel des VfL Bochum 1848 am Hauptbahnhof
In Bochum gibt es Orte, an denen man sich bei Dunkelheit unsicher fühlt. Ein wichtiges Bedürfnis ist daher Sicherheit und ein Zusammenhalt in der Bevölkerung. Hier wollen die Kandidaten aktiv eingreifen, damit Populismus keine Chance hat.
Ein soziales Miteinander zeichnet Bochum aus. Dennoch gibt es Orte, an denen fühlt man sich bei Einbruch der Dunkelheit nicht sicher. Was getan werden kann und wie die Menschen wieder näher zusammenrücken können, dazu haben Jörg Lukat (gemeinsamer Kandidat von SPD und Grüne) und Dr. Andreas Bracke (CDU) im Deutschen Bergbaumuseum Stellung bezogen. Susanne Schneider (FDP), Nadja Zein-Draeger (gemeinsame Kandidatin von Volt/Die Stadtgestalter), sowie die parteilosen Kandidaten Sahver Münch und Pardis Parinejad haben ihre Standpunkte in schriftlicher Form mitgeteilt.
Anmerkung dieser Redaktion: Lena Maria Christina Bormann (Die Partei) und Wiebke Köllner (Die Linke) sind ebenfalls angefragt worden. Bis zum genannten Redaktionsschluss hat von diesen Kandidaten keine Antwort vorgelegen. Lens Lücking (UWG: Freie Wähler) reichte die Antworten erst am 9. August ein.
Teil 1: Oberbürgermeisterwahl 2025: So sehen die Kandidaten den Arbeitsmarkt und Wirtschaft
Teil2: Oberbürgermeisterwahl 2025: Leerstand vermeiden und bezahlbaren Wohnraum ermöglichen
Teil 3: Oberbürgermeisterwahl 2025: Etwas gegen den Klimawandel tun
Teil 4: Oberbürgermeisterwahl 2025: Kinderarmut und Integration dürfen nicht vergessen werden
Viele Bürger beklagen sich über ein sinkendes Sicherheitsgefühl in bestimmten Stadtteilen. Wie begegnen Sie diesem Eindruck – und was planen Sie konkret gegen Angsträume und Kriminalität?
Jörg Lukat (SPD/Grüne): Die objektive Sicherheit hat sich verbessert – doch das subjektive Sicherheitsgefühl bleibt eine Herausforderung.
Als ehemaliger Polizeipräsident kenne ich die Zahlen genau: Straftaten insgesamt, Gewaltdelikte und Straßenkriminalität sind rückläufig – zumindest bis Mitte letzten Jahres, für den Zeitraum, den ich noch mitverantwortet habe. Aber: Zahlen allein schaffen kein Sicherheitsgefühl. Entscheidend ist, wie sicher sich die Menschen im Alltag fühlen – und da gibt es spürbare Unterschiede.
Gefühlte Sicherheit entsteht durch Präsenz und Dialog. Deshalb ist es wichtig, regelmäßig vor Ort zu sein, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und genau hinzuhören: Wo entstehen Angsträume? Welche Orte empfinden Bürgerinnen und Bürger als problematisch?
Kleine Maßnahmen mit großer Wirkung. Manchmal braucht es keine großen Investitionen: Ein einfacher Heckenschnitt, bessere Beleuchtung oder eine veränderte Müllentsorgung können dazu führen, dass Orte wieder genutzt werden – und damit automatisch mehr soziale Kontrolle entsteht. Denn Räume, die belebt sind, schrecken ab.
Der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) ist wichtig – aber nicht überall. Wenn Menschen sich Räume wieder aneignen und Verantwortung übernehmen, braucht es nicht zwingend an jedem Ort uniformierte Präsenz. Mein Ziel ist es, genau dieses Verantwortungsgefühl zu fördern – durch kluge Stadtgestaltung, Nähe und Beteiligung.
Dr. Andreas Bracke (CDU): Es gibt Angsträume in Bochum – und die müssen wir gezielt beseitigen. Auch wenn die objektive Faktenlage möglicherweise ein anderes Bild zeichnet, ist das subjektive Sicherheitsgefühl vieler Menschen ein ganz anderes. Gerade im Bereich des Bermuda3Ecks zeigt sich, wie schwierig es ist, der Lage dauerhaft Herr zu werden – auch wenn die Zusammenarbeit mit dem Innenministerium gut funktioniert. Das Gefühl der Unsicherheit muss ernst genommen werden.
Es geht darum, diese Angsträume zunächst bewusst wahrzunehmen – und dann gezielt gegenzusteuern: durch bessere Beleuchtung, mehr Ordnung und Sauberkeit im Stadtbild sowie eine stärkere Präsenz von Polizei und Ordnungsbehörden. All das kann bereits viel bewirken.
Klar ist: In Bochum darf es keine Zweiklassengesellschaft bei der Sicherheit geben. Wir dürfen Probleme nicht einfach verdrängen – von einem Stadtteil in den nächsten. Stattdessen müssen wir sichtbar Flagge zeigen, Verantwortung übernehmen und Recht und Ordnung konsequent durchsetzen – überall in der Stadt.
Susanne Schneider (FDP): Ein sinkendes Sicherheitsgefühl ist ein Alarmsignal, das ernst genommen werden muss. Ich möchte deshalb die Ordnungspartnerschaften zwischen Polizei, Ordnungsdienst und Stadtverwaltung stärken, insbesondere zur besseren Abdeckung von Angsträumen wie Parks, Unterführungen und ÖPNV-Stationen. Ich möchte eine bessere Beleuchtung, saubere öffentliche Räume und digitale Mängelmeldesysteme mit Rückmeldungen über die Bearbeitung des Mangels an die Bürgerinnen und Bürger schaffen.
Nadja Zein-Draeger (Volt/Die Stadtgestalter): Bochum ist eine der sichersten Großstädte Deutschlands, wie die polizeiliche Kriminalitätsstatistik zeigt. Kurzschlussmaßnahmen wie eine flächendeckende Videoüberwachung lehne ich daher ab. Ich werde aber die Eindrücke meiner Mitbürger*innen ernst nehmen und Angsträume konsequent bekämpfen, indem ich „dunkle Ecken“ wie z.B. Tunnel gezielt mit insektenfreundlichen Lampen ausleuchten lasse. Das Ordnungsamt wird mit mir als Oberbürgermeisterin mehr Präsenz im Stadtbild zeigen. Ich setze auf eine starke Kooperation mit der Polizei und werde die Ordnungspartnerschaft der beiden Organisationen ausbauen.
Ich setze mich für den Aufbau eines lokalen „Hauses des Jugendrechts“ nach dem Vorbild von Essen und Dortmund ein. Hier arbeiten Jugendhilfe, Justiz und Polizei unter einem Dach eng zusammen, um kriminelle Karrieren schon in ihrem Entstehen zu verhindern.
Lens Lücking (UWG: Freie Wähler): Helle Plätze statt dunkler Ecken muss es geben. Mit Licht auf Anforderung wird auch die Lichtverschmutzung minimiert. Zudem muss es mehr Streifen durch den kommunalen Ordnungsdienst geben. Statt nur Falschparker abzuschleppen, muss es auch Hilfe für die Bevölkerung geben, das stärkt auch das Image.
Sahver Münch (parteilos): Ich nehme das sinkende Sicherheitsgefühl der Menschen in Bochum selbst wahr und kann das Problem in manchen Stadtteilen durchaus nachvollziehen. Wir alle sind Teil dieser Stadt und wollen uns hier wohlfühlen und uns (angst-)frei bewegen. Sichtbare Präsenz von Polizei und Mitwirkung des Ordnungsamtes sollten das Vertrauen stärken. Angsträume können gut beleuchtet und belebt werden. Begegnungen und Austausch in Form von Sozialprojekten können ein erster Schritt sein.
Zentrale Begegnungsräume für alle Generationen, die von verschiedenen Trägern und Institutionen unterstützt und begleitet werden. Die auch als Anlaufstelle dienen können, wenn es Probleme gibt. Sicherheit entsteht durch eine tolerante und starke Gemeinschaft und respektvollem Miteinander.
Pardis Parinejad (parteilos): Videoüberwachung an kriminalitätsbelasteten Orten, stärkere Polizeipräsenz in Problemvierteln, Präventionsarbeit durch Jugendarbeit und Streetwork, sowie Sucht- und Gewaltpräventionsprogramme.
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Wie wollen Sie den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern – besonders in Zeiten von Populismus und wachsender Unsicherheit?
Jörg Lukat (SPD/Grüne): Gesellschaftlicher Zusammenhalt beginnt im direkten Umfeld – durch Nähe, Präsenz und Verantwortung.
In unsicheren Zeiten mit wachsendem Populismus ist es umso wichtiger, dass Menschen sich ernst genommen fühlen. Auch wenn objektive Sicherheitszahlen – wie rückläufige Gewalt- und Straßenkriminalität – positiv sind, bleibt das subjektive Sicherheitsempfinden ein zentraler Faktor für den sozialen Frieden.
Deshalb ist es entscheidend, präsent zu sein, den direkten Dialog zu suchen und regelmäßig mit den Menschen vor Ort zu sprechen. Nur so lassen sich Orte identifizieren, die als unsicher oder problematisch empfunden werden.
Gesellschaftlicher Zusammenhalt wächst dort, wo Menschen Räume gemeinsam gestalten und Verantwortung übernehmen.
Manchmal genügen einfache Maßnahmen wie bessere Beleuchtung, ein Rückschnitt der Hecke oder eine verbesserte Müllentsorgung, um einen Ort wieder nutzbar zu machen. Wenn diese Räume wieder selbstverständlich begangen werden, entsteht soziale Kontrolle – nicht durch Überwachung, sondern durch Teilhabe.
Mein Ziel ist eine Stadtgesellschaft, in der Menschen sich nicht zurückziehen, sondern Verantwortung füreinander übernehmen.
Der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) bleibt wichtig, aber nachhaltiger ist es, wenn Menschen das Gefühl haben: „Das ist auch mein Raum – und ich achte darauf.“
Dr. Andreas Bracke (CDU): Gesellschaftlicher Zusammenhalt entsteht durch Sichtbarkeit, Verlässlichkeit und Gerechtigkeit.
In Zeiten von wachsender Unsicherheit und Populismus ist es besonders wichtig, dass sich alle Menschen in der Stadt gleichermaßen ernst genommen und geschützt fühlen. Sicherheit ist dabei nicht nur eine Frage von Statistiken, sondern vor allem von Wahrnehmung und Vertrauen in den Staat.
Wenn Menschen das Gefühl haben, dass bestimmte Stadtteile aufgegeben werden, leidet das Gemeinschaftsgefühl. Deshalb ist es entscheidend, dass wir Angsträume nicht nur erkennen, sondern aktiv beseitigen – durch bessere Beleuchtung, mehr Ordnung, Sauberkeit und sichtbare Präsenz von Polizei und Ordnungsdiensten.
In Bochum darf es keine Zweiklassengesellschaft geben – auch nicht in Fragen der Sicherheit. Wir dürfen Probleme nicht einfach von einem Stadtteil in den nächsten verschieben. Es geht darum, überall in der Stadt das gleiche Maß an Schutz, Aufmerksamkeit und staatlicher Präsenz zu gewährleisten. Nur so entsteht das Vertrauen, das den Zusammenhalt stärkt. Gesellschaftliche Spaltung bekämpft man, indem man zeigt: Wir lassen keinen Stadtteil, keine Gruppe und keinen Menschen zurück.
Susanne Schneider (FDP): Den gesellschaftlichen Zusammenhalt möchte ich durch politische Bildung, Ehrenamtsförderung und konsequente Abgrenzung gegenüber Extremismus stärken. Ich setze mich für respektvolle Debatten und mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten ein – etwa über Jugendparlamente und Bürgerhaushalte. Engagement soll entbürokratisiert und sichtbarer gefördert werden, z. B. durch vereinfachte Regeln für Vereinsarbeit oder Genossenschaftsprojekte.
Nadja Zein-Draeger (Volt/Die Stadtgestalter): Durch Beteiligung – eines meiner Herzensprojekte – , Mitmach – Angebote, soziales Miteinander in Freiräumen, und politischer Bildung wird der Zusammenhalt in Bochum gefördert und dem Populismus entgegengewirkt. Als Mitglied des LutherLAB Vereins habe ich zusammen mit Frau Gabi Fuchs die kostenfreie Bildungsreihe “Politische Teilhabe für ALLE” mit den Modulen “Politik und Stadtverwaltung”, “Der Bochumer Haushalt” und “Politische Teilhabe – gesetzliche und freiwillige Beteiligungsmöglichkeiten” erstellt und für interessierte Erwachsene wie auch für Schülerinnen und Schüler angeboten. Dieses Angebot möchte ich weiter in Bochum verbreiten.
Lens Lücking (UWG: Freie Wähler): Der Zusammenhalt in Bochum wird durch das Ehrenamt gestärkt, in Sport, Kultur und sozialen Einrichtungen. Das Wir muss wieder gestärkt werden, nicht nur beim VfL.
Sahver Münch (parteilos): „Integration ist keine Einbahnstraße.“ „Miteinander statt nebeneinander.“ Ich möchte Begegnungsräume für alle Generationen und Nationen schaffen, in denen Vielfalt gelebt wird. Nur wenn wir offen miteinander umgehen, uns kennenlernen und austauschen, können wir Vorurteile und Ängste abschaffen. Populismus begegnen wir nur mit Dialog, Austausch und mit gegenseitigem Respekt. Überheblichkeit ist da wenig hilfreich, weil alle Menschen gleich viel wert sind!!! Das muss mal in alle Köpfe. Man muss seine sachliche Meinung sagen dürfen, ohne dass gleich die „Rassismuskarte“ gezogen wird. Das gilt in alle Richtungen.
Pardis Parinejad (parteilos): Mehr finanzielle Unterstützung für Kitas, Ausbau der Schulsozialarbeit, Förderung von Integration durch gezielte Projekte und kulturelle Angebote. Schulen und Kitas müssen personell und strukturell gestärkt werden.