Planetarien weltweit zwischen Wissenschaft, Technik und Zukunft
Gestern, vor genau 100 Jahren, am 7. März 1925, eröffnete in München das erste Projektionsplanetarium der Welt. Seitdem haben sich Planetarien von reinen Sternentheatern zu Orten für Bildung, Wissenschaftsvermittlung und immersive Erlebnisse entwickelt. Heute sind sie weltweit vernetzt, technisch hochentwickelt und thematisch vielfältig. Das Jubiläum ist Anlass für einen Blick auf die Geschichte, die Gegenwart und die Zukunft dieser besonderen Einrichtungen – und auf das Planetarium Bochum, das 2024 selbst einen runden Geburtstag feierte.
Von Sternen und Zivilisation – Die Rolle der Planetarien
Anlässlich des Jubiläums zeigen zahlreiche Sternentheater eine gemeinsam entwickelte Dokumentation. Regie führte Tobias Wiethoff, Leiter des Planetariums Bochum.
Der Film beginnt mit einem Blick zurück in die Geschichte der Astronomie. Er erinnert daran, wie frühe Hochkulturen Himmelskörper beobachteten, um Zeit zu messen, Navigation zu betreiben oder Kalender zu erstellen. Auch große Persönlichkeiten wie Leonardo da Vinci oder Galileo Galilei finden in der Inszenierung ihren Platz. Dabei geht es nicht nur um historische Fakten, sondern auch um die Frage, wie astronomisches Wissen Zivilisationen prägte.
Zweiter Fokus ist die technische Entwicklung: Vom mechanischen Projektor bis zur digitalen Fulldome-Technik zeigt die Dokumentation, wie sich Planetarien gewandelt haben – vom klassischen Sternensaal hin zu immersiven Erlebnisräumen. Seit etwa 2010 erweitern viele Planetarien ihre Themen um Perspektiven, die weit über den Planeten Erde hinausgehen. Die gleichzeitige Ausstrahlung des Films in mehreren Ländern verdeutlicht den globalen Anspruch dieses Mediums.
„Nur“ 60 Jahre Planetarium Bochum
Das Planetarium Bochum feierte im November 2024 sein 60-jähriges Bestehen. Es zählt mit über 300.000 Besuchern pro Jahr zu den meistfrequentierten Planetarien Europas. Die Geschichte des Hauses ist eng mit Heinz Kaminski verbunden. Der Chemiker und Hobbyfunker erkannte früh das Potenzial der Weltraumbeobachtung. Seine private Initiative legte den Grundstein für das heutige Institut für Weltraumforschung sowie die Entwicklung Bochums als astronomischem Standort.
Technisch gehört das Bochumer Planetarium zu den führenden Einrichtungen seiner Art. Die Kuppel misst 20 Meter im Durchmesser und bietet Platz für 251 Gäste. Das Herzstück ist der Sternprojektor „Universarium IX“, der 2018 umfassend überarbeitet wurde. Neue LED-Leuchten sorgen für eine realitätsnahe Himmelsabbildung. Die hohe Präzision führte dazu, dass das Planetarium im Rahmen des Astronautentrainings auch von der ESA genutzt wurde.
Ergänzt wird das analoge System durch elf Zeiss-Velvet-Projektoren, die digitale Inhalte auf die gesamte Kuppel projizieren. Dank hoher Kontrastwerte funktionieren beide Systeme parallel, ohne sich gegenseitig zu stören.
Seit 2017 ist zudem ein Raumklang-System im Einsatz. „Spatial Sound Wave“, entwickelt vom Fraunhofer-Institut, kommt neben regulären Shows auch bei Hörspiel-Produktionen zum Einsatz. Darüber hinaus beherbergt das Gebäude eine Ausstellungsfläche mit wechselnden Präsentationen. Das denkmalgeschützte Planetarium plant aktuell eine bauliche Erweiterung zum Bildungszentrum. Ein entsprechender Antrag liegt vor.
100 Jahre weltweit – eine vernetzte Feier mit Hindernissen
Am 7. März 2025 wurde weltweit das hundertjährige Bestehen des ersten Planetariums gefeiert. In Bochum liefen per Livestream Grußbotschaften aus verschiedenen Ländern auf der Kuppel. Die Beiträge thematisierten vor allem die Rolle der Planetarien für Bildung, Umweltaufklärung und globale Zusammenarbeit.
In Lateinamerika etwa werden Planetarien genutzt, um Umweltprobleme im Amazonasgebiet anschaulich darzustellen. Mit Hilfe moderner Projektionstechnik wird die betroffene Region immersiv erfahrbar gemacht – ein Ansatz, der das pädagogische Potenzial von Planetarien unterstreicht.
Technische Schwierigkeiten prägten den globalen Livestream allerdings ebenfalls. Besonders in Deutschland kam es zu Unterbrechungen – ein Hinweis auf infrastrukturelle Probleme, die digitale Zusammenarbeit erschweren.
Trotz der Hürden blickt die internationale Planetariengemeinschaft nach vorn. Viele Einrichtungen fordern eine Anerkennung als immaterielles Kulturerbe. In Deutschland laufen bereits Gespräche mit der UNESCO. Ziel ist eine weltweite Anerkennung – nicht als Museum der Vergangenheit, sondern als Bildungsort der Zukunft.