Beitrag: Arbeitsmarkt in Bochum vor neuen Herausforderungen
Georg Sondermann (Geschäftsführer Jobcenter Bochum), Jörg Lukat (Oberbürgermeister Stadt Bochum) Stefanie Hartmann (operative Geschäftsführerin Bundesagentur für Arbeit Bochum) und Christopher Meier (Geschäftsführer Bundesagentur für Arbeit Bochum) haben die Bilanz von Jobcenter und Arbeitsagentur vorgestellt.

Foto: Sebastian Sendlak

Die Bundesagentur für Arbeit und das Jobcenter Bochum ziehen Bilanz: Beschäftigung wächst weiter, zugleich steigt die Arbeitslosigkeit – Fachkräfte bleiben knapp.

Bei einer Pressekonferenz haben die Bundesagentur für Arbeit Bochum und das Jobcenter Bochum ihre Jahresbilanz vorgestellt. Trotz einer weiterhin positiven Beschäftigungsentwicklung ist die Arbeitslosigkeit in Bochum erneut gestiegen. Besonders deutlich zeigt sich ein strukturelles Problem: Während der Bedarf an Fachkräften wächst, fehlt es vielen Arbeitslosen an entsprechender Qualifikation. Auch die Jugendarbeitslosigkeit hat leicht zugelegt. Für die kommenden Jahre rücken Qualifizierung, Ausbildung und gezielte Integration stärker in den Fokus.

Positive Beschäftigung – steigende Arbeitslosigkeit

Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Bochum entwickelt sich weiterhin positiv. In den vergangenen fünf Jahren ist die Zahl der Beschäftigten um mehr als 10.000 gestiegen, über die Hälfte davon arbeitet als Fachkraft. Diese Entwicklung wertete Christopher Meier, Geschäftsführer der Bundesagentur für Arbeit Bochum/Herne, als grundsätzlich erfreulich. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass diese Dynamik nicht selbstverständlich sei.

Dem gegenüber steht ein erneuter Anstieg der Arbeitslosigkeit. Zum dritten Mal in Folge hat sie im Jahresverlauf zugenommen, aktuell um 266 Personen beziehungsweise 1,5 Prozent. „Wir haben einen steigenden Fachkräftebedarf, aber zwei Drittel der Arbeitslosen haben keinen Berufsabschluss“, erklärt Meier. Genau dieses Missverhältnis präge derzeit den Bochumer Arbeitsmarkt.

Qualifizierung als Schlüssel für die Zukunft

Vor diesem Hintergrund rückt die Weiterbildung stärker in den Mittelpunkt. Meier kündigt an, dass die Agentur für Arbeit weiter massiv in Qualifizierung investieren werde. „Es gibt aus meiner Sicht gar keine Alternative“, sagt er mit Blick auf den Fachkräftemangel. Ab 2026 werde zudem der demografische Wandel spürbar durchschlagen, wenn mehr Menschen aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden als nachrücken.

Dieses Paradoxon – steigende Arbeitslosigkeit bei gleichzeitig wachsendem Fachkräftebedarf – sei kein Bochumer Sonderfall, sondern bundesweit zu beobachten. Umso wichtiger sei es, arbeitslose Menschen gezielt für die Bedarfe des Arbeitsmarktes fit zu machen. Qualifikation, Weiterbildung und passgenaues Matching blieben zentrale Stellschrauben.

Jugendliche im Blick behalten

Sorgen bereitet den Verantwortlichen auch die Entwicklung bei jungen Menschen. Die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen liegt bei 1.385 und damit um zwölf höher als im Vorjahr. „Das sind aus meiner Sicht 1.385 zu viel“, meint Meier. Gerade hier müsse früh angesetzt werden, um Perspektiven zu eröffnen.

Oberbürgermeister Jörg Lukat verwies auf die Verantwortung der Stadt als Ausbildungsbetrieb. Der Stadtkonzern biete so viele Ausbildungsplätze wie seit 25 Jahren nicht mehr an. Gleichzeitig macht er deutlich, dass sich der Arbeitsmarkt stärker auf die veränderten Erwartungen junger Menschen einstellen müsse – etwa bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder flexiblen Arbeitsmodellen.

Jobcenter setzt auf Integration und Stabilität

Auch das Jobcenter Bochum zog eine positive Bilanz. Geschäftsführer Georg Sondermann kündigte an, das Jahr 2025 mit rund 6.000 Integrationen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung abzuschließen. „Das ist ein sehr guter Wert“, sagte er. Gleichzeitig erinnert er daran, dass das Jobcenter mehr leiste als reine Arbeitsvermittlung.

Ein wesentlicher Teil der Arbeit bestehe darin, Existenzen zu sichern und Menschen schrittweise an den Arbeitsmarkt heranzuführen. Rund 80 Prozent der Leistungsbeziehenden hätten keinen verwertbaren Berufsabschluss. „Ohne Qualifikation sinkt Wettbewerbsfähigkeit“, so Sondermann. Deshalb solle die Förderung beruflicher Weiterbildung weiter ausgebaut werden.

Sanktionen bleiben letzter Schritt

Mit Blick auf die politische Debatte um Sanktionen betonen beide Institutionen ihre Haltung. Sondermann stellt klar, dass Sanktionen nur einen geringen Teil der Arbeit ausmachen. „Wir waren noch nie Sanktionsjäger“, sagt er. Entscheidend sei es, den Kontakt zu den Menschen nicht zu verlieren und Unterstützung anzubieten.

Auch Meier widersprach dem Eindruck eines härteren Kurses. Zielvereinbarungen beziehen sich auf Integration und Qualifizierung, nicht auf Sanktionen. „Das Top-Thema ist, Menschen in Arbeit zu bringen“, sagt er. Sanktionen seien der letzte Schritt – die zentrale Aufgabe bleibe, Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt zu eröffnen.

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