Beitrag: Enthüllung der Erinnerungsstele war eine bewusste, letzte Aufgabe
Einweihung der ersten Stele: Dr. Kai Rawe (Stadtarchiv) und Oberbürgermeister Thomas Eiskirch

(c) Sebastian Sendlak

Bei seinem letzten öffentlichen Auftritt als Oberbürgermeister weiht Thomas Eiskirch die erste Erinnerungsstele am Bochumer Rathaus ein – ein Zeichen für Demokratie und Verantwortung.

Auf dem Rathausvorplatz hat Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch seinen letzten öffentlichen Termin absolviert. Gemeinsam mit dem Stadtarchiv Bochum weihte er die erste von insgesamt 50 Erinnerungsstelen ein. Die Stelen sollen an Orte und Menschen erinnern, die für die Stadtgeschichte und den demokratischen Neubeginn stehen. In seiner Rede erklärt Eiskirch die Bedeutung des Erinnerns für die Zukunft der Demokratie. Auch Stadtarchiv-Leiter Dr. Kai Rawe hebt die Verantwortung der Stadtgesellschaft hervor, Geschichte sichtbar und zugänglich zu machen.

Ein bewusster Schlusspunkt einer Amtszeit

Der scheidende Oberbürgermeister Thomas Eiskirch sagt, der Termin sei „ganz bewusst so gewählt“ worden. Es sei kein Zufall, dass seine letzte Repräsentationsaufgabe im Zeichen der Erinnerungskultur stehe. „Was wir alle tun müssen, damit unsere Demokratie stabil bleibt, vielleicht auch wieder stabiler wird – diese Frage hat mich in den letzten Jahren am meisten beschäftigt“, erklärt Eiskirch.

Er erinnert daran, dass Demokratie ohne das Wissen um die eigene Geschichte nicht bestehen könne. Wer nach vorn blicken wolle, müsse wissen, woher er komme. „In der Geschichte unserer Stadt gibt es Dinge, die sich niemals wiederholen dürfen“, mahnt er. Mit der Initiative „Erinnern gegen das Vergessen“ wolle Bochum ein sichtbares Zeichen gegen das Vergessen setzen.

Erinnern als Teil der Stadtstrategie

Die Stelen sind Teil der Bochum-Strategie, die als gemeinsamer Zukunftsplan der Stadtgesellschaft angelegt ist. „Diese Strategie ist keine Sammlung beliebiger Projekte, sondern Ausdruck unserer Haltung“, sagt Eiskirch. Ziel sei es, die Werte von Menschenwürde, Mitbestimmung und Verantwortung im Stadtbild sichtbar zu machen.

An 50 Orten im gesamten Stadtgebiet sollen künftig Stählen auf historische Ereignisse, Personen oder Orte hinweisen. Die erste steht nun vor dem Rathaus – einem Bau, der selbst Symbol für die Brüche und Neuanfänge der Stadt ist. Das Gebäude, zwischen 1926 und 1931 errichtet, stehe für „die Vereinnahmung durch die Diktatur, aber auch für den demokratischen Neubeginn nach 1945“, so Eiskirch.

Erinnerungskultur als Fundament der Demokratie

Dr. Kai Rawe, Leiter des Stadtarchivs und des Bochumer Zentrums für Stadtgeschichte, unterstreicht in seiner Rede die Bedeutung der historischen Verantwortung. „Wir wollen Stadtgeschichte im Stadtraum sichtbar machen – gerade in Zeiten von Umdeutung, Fake News und Emotionen statt Fakten“, sagt er. Archive nähmen dabei eine „systemrelevante Funktion“ ein, weil sie mit ihren Quellen historische Erkenntnis erst möglich machten.

Mit den Erinnerungsstelen wolle man Geschichte niedrigschwellig und für alle erfahrbar machen. Rawe erklärt, dass Erinnern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei. „Wir brauchen das Wissen über unsere Geschichte, um die Gegenwart kritisch zu reflektieren und die Demokratie zu schützen“, so der Archivleiter.

Sichtbarkeit der Geschichte im Stadtraum

Die Stelen sollen nicht nur informieren, sondern zum Nachdenken anregen. Jede trägt einen QR-Code, der zu weiterführenden Informationen auf den Seiten des Stadtarchivs führt. Geplant sind darüber hinaus ein Gedenkort auf dem Gelände eines ehemaligen Zwangsarbeiterlagers an der Bergener Straße sowie pädagogische Vermittlungsprogramme.

„Eine lebendige Erinnerungskultur muss jede Generation aufs Neue ermöglichen, sich authentisch mit den dunklen Kapiteln der Stadtgeschichte auseinanderzusetzen“, sagt Rawe. Nur so könne verhindert werden, dass Gedenken erstarrt oder sinnentleert werde. Erinnerung solle Empathie mit den Opfern des Nationalsozialismus fördern und ein Bewusstsein für die Gefährdung von Demokratie und Menschenrechten schaffen.

Ein Zeichen des Dankes und der Verantwortung

Zum Abschluss dankt Eiskirch allen Beteiligten des Stadtarchivs und der Stadtverwaltung für ihr Engagement. „Erinnern gegen das Vergessen stärkt unsere Demokratie. Es lädt uns alle ein, Verantwortung zu übernehmen“, betont er. Demokratie lebe von Haltung, aber vor allem vom gemeinsamen Handeln – Tag für Tag.

Mit der Einweihung der ersten Erinnerungsstele setzt Bochum ein sichtbares Zeichen für die Zukunft: Erinnerung als Fundament für das demokratische Miteinander.

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