Beitrag: VfL Bochum vor der Präsidiumswahl
SES_KOLBOC20240406-10

Symbolbild VfL Bochum Fans

Zwei Teams, zwei Wege – neues Präsidium startet mitten in Umbruchphase des VfL

Am 14. Juni soll im Ruhrstadion eine neue Vereinsführung für den VfL Bochum gewählt werden. Die außerordentliche Mitgliederversammlung markiert den vorläufigen Höhepunkt einer monatelangen Zerreißprobe. Zwei Teams stellen sich zur Wahl – „Team Zukunft“ um Hans-Peter Villis und Andreas Luthe sowie das amtierende „Team Tigges“ um Uwe Tigges und Thomas Ernst. Beide Gruppen eint das Ziel, den Verein nach dem Bundesliga-Abstieg zu stabilisieren. Doch ihre Wege und Hintergründe unterscheiden sich.

Team Zukunft

Das „Team Zukunft“ tritt mit einer Mischung aus altbekannten und neuen Gesichtern an. Prominentester Name ist Hans-Peter Villis, der den Verein über Jahre hinweg im Aufsichtsrat und Präsidium mitgeprägt hat – und 2024 zurücktrat. Nun will er es noch einmal wissen, verspricht aber einen geordneten Generationswechsel: Sollte sein Team gewählt werden, würde er den Vorsitz in zwei Jahren an Ex-Torwart Andreas Luthe übergeben.

Luthe genießt hohe Anerkennung unter den Fans. Sein Engagement wird als emotionales Signal gewertet. Sportlich will er sich auf die Talentförderung und Teamentwicklung konzentrieren. Seine Arbeit als Wirtschaftspsychologe bringt einen neuen Impuls, der abseits des Rasens wirken könnte. Der sportliche Fokus ist bei diesem Team klar – allerdings bleibt offen, wie viel Mitsprache ein Trainer wie Dieter Hecking unter einer sportlich ambitionierten Präsidiumsebene wirklich hätte.

Auch die weiteren Mitglieder des Teams – Unternehmer, Jurist, Ex-Spieler – bringen fachliche Kompetenzen mit. Doch der Umstand, dass mit Villis und Jupp Tenhagen gleich zwei aktuelle oder ehemalige Präsidiumsmitglieder beteiligt sind, hat dazu geführt, dass Fans und Vereinsmitglieder die angekündigte „Erneuerung“ nicht vollkommen überzeugend finden. Zudem ist der Zeitpunkt der Kandidatur spät gewählt – was die Kritik an der Rolle der Findungskommission verstärkt.

Team Tigges

Das aktuelle Präsidium tritt als geschlossenes Team an. Uwe Tigges, derzeit kommissarischer Vorsitzender, will den Verein mit einem breit aufgestellten Gremium führen. Unterstützt wird er von Persönlichkeiten wie Ex-Manager Thomas Ernst, der ehemaligen Spielerin und Bau-Geschäftsführerin Mirja Dorny und Langzeit-Mannschaftsarzt Prof. Dr. Karl-Heinz Bauer.

Tigges steht für wirtschaftliche Stabilität und regionale Vernetzung. Seine unternehmerische Erfahrung gilt als Vorteil, jedoch wird ihm – gemeinsam mit Fanvertreter Martin Volpers – von Vereinsmitgliede und Fans Mitverantwortung für den sportlichen Abstieg zugeschrieben. Auch die Kommunikation rund um den Rücktritt von Villis wirkte nach außen wenig transparent. Die Behauptung, es habe keinen Streit gegeben, sorgt in Teilen der Fanszene für Misstrauen.

Sportlich bringt Thomas Ernst Erfahrung aus mehreren Bereichen mit. Doch auch er ist Teil der Vergangenheit – ob er einen echten Neustart verkörpert, ist fraglich. Mit Mirja Dorny will das Team mehr Diversität in der Vereinsführung ermöglichen. Die Ex-Spielerin kombiniert Fußballverstand mit wirtschaftlicher Kompetenz. Ihr Engagement könnte ein Schritt in Richtung Professionalisierung der Frauenabteilung sein.

Kritik an der Findungskommission

Unabhängig vom Wahlausgang steht die Findungskommission in der Kritik. Fans bemängeln, dass nur vollständige Teams zur Wahl zugelassen werden, Einzelbewerbungen hingegen nicht möglich sind. Das empfinden viele als undemokratisch – ein Vorwurf, der nicht nur die Kommission, sondern auch die Vereinssatzung betrifft.

Zudem gehören in beiden Lagern Personen dem bisherigen Präsidium an. Der von Fans und Vereinsmitgliedern geforderte „Neuanfang“ scheint so nur schwer greifbar. Die Grenze zwischen Erneuerung und Kontinuität verläuft unscharf. Besonders kritisch wird gesehen, dass der erste Vorschlag der Kommission am gleichen Tag verkündet wurde, als das „Team Zukunft“ seine Kandidatur in der VfL – Geschäftsstelle abgab, darüber aber nicht berichtete.

Fazit: Richtungswahl mitten im Umbruch

Beide Teams müssen sich den Mitgliedern erklären – nicht nur mit Plänen, sondern auch mit Antworten auf unbequeme Fragen u.a. zu den Ursachen des Abstiegs. Nur dann kann die Vereinsführung wieder verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Die kommende Wahl entscheidet nicht nur über Personalien, sondern über den Kurs des VfL für die nächsten Jahre.

Auf Social Media teilen